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Eine Laudatio zum Abschied – bye, bye Muhen

Ich wohne im Dorf der sprechenden Kühe. Dieser Satz begleitet mich. Seit meinem Start als Bloggerin. 

Doch der Lauf der Zeit bringt immer wieder Veränderungen ins Haus. Oder in meine kleine, heimelige Vierzimmerwohnung. Denn: Ich plane meinen Umzug. Verschiebe meinen Place to-be-Punkt näher in Richtung Aarau. Nach 22 Monaten verlasse ich Muhen. Und bin wahrscheinlich die erste Einwohnerin, die in der «Müheler Geschichte» am Neuzuzüger-Apèro ihren Abschied feiert.

Meine neue Bleibe bietet Dreieinhalb Zimmer. Wieder mit Kachelofen. An der Höhe des Mietzins ändert sich nichts. Zahle gleich viel wie vorher. Sogar mein Auto erhält ein Obdach. Weiter darf ich den Garten mit Cheminée benutzen. Meine pinkfarbenen Gartenmöbel aufs gepflegte Rasengrün stellen. Im Liegestuhl liegen. Ohne gleich in der Sonne als Grillhuhn zu enden.

Gut geplant ist halb gezügelt

Als Alleinverdiener- und Selfmade-Managerin könnte ich natürlich alles selber erledigen, was zur Züglete  gehört. Ich möchte aber niemanden im Freundes- oder Bekanntenkreis zumuten, meine Schlafinsel auseinander zu bauen. Tisch und Stühle zu zügeln. Und meine Wenigkeit schlägt sich ebenfalls nicht gerne mit dem Akkubohrschrauber herum, um grosse Möbelstücke zu zerlegen oder zu montieren. Kleines Zeugs wäre kein Problem. Für mich reicht es vollkommen, alles in Kisten zu packen und später wieder einzuräumen. So kommen die Möbelmonteure für Montage und Transport zum Handkuss. Und die Reinigungsfirma darf für die Endreinigung auf dem Besen durch meine Wohnung reiten. Warum kompliziert aufhören, wenn es sich leicht starten lässt?

Grilladen lassen sich am Automaten kaufen, Kondome bei Apotheker

Was zeichnet das Dorf der sprechenden Kühe als Wohnort aus? Der Ort im Suhrental besitzt vier Tramstationen. Ober-und Mittelmuhen. Muhen und Muhen Nord. Es riecht öppedie nach Kuhmist und Landwirtschaft. Der Veloweg nach Oberentfelden führt den Mais- und Sonnenblumenfeldern entlang. Manchmal fühle ich mich hier wie in den Ferien auf dem Land. Trotz des «Landeierfeelings» bietet Muhen eine prima Infrastruktur. Ein herrliches Naherholungsgebiet. Schulen. Industrie. Und der Dorfmetzger mit integriertem Lebensmittelladen verkauft seine Produkte auch ausserhalb der Öffnungszeiten. Mit Hilfe eines Selbstbedienungsautomaten für Fleisch und Wurstwaren. Statt Blöterliwasser, Kondome, Schoggistängeli und Schwangerschaftstests lassen sich dort marinierte Plätzli, Grillsaucen und Würste kaufen. Also Lebensmittel versus Lebenshilfsmittel. Ich würde zwar nie im Traum daran denken, einen Schwangerschaftstest oder Kondome aus dem Automaten zu shoppen. Für diese Produkte gibt es die Apotheke. Oder das Angebot des Grossverteilers vom Nachbardorf. Die Essenspalette des Regiomaten will ich als Möchtegern-Grilleuse mal testen. Aber erst, wenn das Feuern im Wald wieder erlaubt wird.

 

Hier finden Hungrige Cervelats, Tessinersteaks, Spätzli und Grillsaucen.

 

Was bietet der Ort mit der Postleitzahl 5037 zusätzlich? Im Dance2bee besuche ich ab und zu eine Zumbastunde. Die Tanzschule lernt Tanzwilligen jeden Tanzschritt, sei es von Mambo, LindyHop und Walzer. Für Schreiberlinge gibt es eine Papeterie. Eine LANDI. Einen Hundesalon. Zwei Restaurants und zwei Bäckereien, eine mit integriertem Dorfcafé. Und für Reisefüdlis einen Bahnschalter mit inkludierter Postagentur sowie Kiosk. Ebenso die medizinische Versorgung ist gewährleistet mit einer Arzt-und Zahnarztpraxis. Und wer es mag, Produkte vom Bauernhof zu kaufen, erhält diese in den Hofläden.

Seit meinem Auszug aus dem unteren Entenfeld fühle ich mich hier wohl. Ich geniesse bis zu meinem Umzug das Einkaufen beim Bauern. In der Dorfmetzgerei. Profitiere von guten Bahnverbindungen in meine Heimatstadt. Sowie vom kurzen Arbeitsweg. Natürlich lockte immer wieder der Ruf von Aarau und seiner nahen Umgebung. So passierte es an einem arschkalten Tag im Februar, wo ich in meiner Wohnung  an meinen «Allerwertesten» fror und mir dabei schwor: So einen kalten Winter möchte ich in meiner Bleibe nicht mehr erleben. Mit 18 Grad im Gemäuer auf den baldigen Sommer hoffen, ist nicht Jedermanns-Sache. Deshalb startete ich mit der Wohnungssuche. Wurde fündig. Mehr dazu lest ihr nach meinem Umzug.

Wenn ein «Trämlikater» und eine Mietkatze mein Leben bereichern

Mein Leben in Muhen wird von Lola bereichert. Sie, das miauende Fellknäuel meiner Nachbarn im Erdgeschoss. Wir begegnen uns hin und wieder in der Waschküche, wo sich die Mietkatze Streicheleinheiten bei mir abholt.

 

Lola hilft öfters am Waschtag mit.

Ein anderer Charmespritzer heisst Sämi. Ein Kater, der häufig an der Tramhaltestelle die wartenden Passagiere bezaubert. Ihnen seine Liebe schenkt, bis das Bähnli auf den Schienen davonsaust. Bin ich nicht in Eile und Sämi zeigt sich, lasse ich das Regionalbähnli nach Aarau ohne mich losfahren. Der Trämlikater findet das echt Klasse, im Fall.

Sämi liebt Menschen, die ihn mit Streicheleinheiten beglücken.

Eine Einladung der Gemeindebehörde zum Abschiednehmen

Übrigens: In Muhen grüssen sich die Menschen auf der Strasse, im Dorfladen. Und meistens bimmeln irgendwo Kuhglocken. Sei es vom Hügel des Lottenhofs, den ich von meinem Küchenfenster aus sehen kann. Oder vom Grasland unweit des Restaurants Bahnhof, wo im benachbarten Stall ebenfalls Kühe wohnen. So sage ich nach 22 Monaten «Adieu, Muhen.» Dazu flatterte vor ein paar Tagen eine Einladung in meinen Briefkasten. Der Gemeindeammann will mich und ein paar andere Einwohner kennenlernen. Zum Neuzuzüger-Anlass mit Waldumgang. Ich werde teilnehmen. Dem Dorfhäuptling «Hallo» sagen. Mich anschliessend aus dem Staub machen. Und dann sagen: «Ich bin dann mal weg.

 

«Bhüet di», würde sie mir zum Abschied zurufen. In ihrem Fall: Zumuhen.

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