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Fresspäckli

Muffig riechende Schlafsäcke. Küchendienst in der Lagerküche. Wer als Schulkind in der Primar- oder Mittelstufe hin und wieder Zeit in einem Klassenlager verbrachte, kannte das Feeling des Lagerlebens.

Die  Vierer- oder Sechserzimmer mit Kajütenbetten, natürlich nach Geschlechtern getrennt. Nicht zu vergessen der «bunte Abend» mit Schülerdisco und Tanzspiele bis zum Abwinken. Und die obligaten Fresspäckli, die das Heimweh der Schulkinder lindern sollten.

Der Prinz mit den abstehenden Ohren besuchte das Hotel in Ftan

Während 33 Jahren war das Ferienheim Bellavista im Besitz der Stadt Aarau. Unzählige Schulkinder aus der Kantonshauptstadt verbrachten ihre Lagerwoche in Ftan, ein kleines Dorf im Unterengadin. Oberhalb von Scuol. Im Internet erfahre ich Folgendes: Das Bellavista war von 1905 bis 1965 bereits ein Hotel mit grossen Komfort. Ein Aushängeschild für das Dorf. Es besass eine Zentralheizung, Zimmer mit fliessend Kalt-/Warmwasser sowie Telefon. Ab 1928 gehörte eine Benzinsäule zu den Annehmlichkeiten für Gäste, die mit dem Auto anreisten. Das Hotel beherbergte bis zu den 60er Jahren einige Berühmtheiten aus dem In- und Ausland. Marlene Dietrich, Ruedi Walter, Margrit Rainer, Yehudi Menuhin und Andere nächtigten dort. Sogar Prinz Charles soll Personen in dem Vorzeigehotel besucht haben.

Den Rotznasen drohte hie und da ein Nachtmarsch

Das Gemäuer des Ferienheims könnte mit Sicherheit einige Geschichten erzählen. Zu seinen Gästen. Den Promis oder den «lieben Schulkindern». Den Rotznasen, die hin und wieder die Grenzen des Lagerlebens ausloteten. Dazu gehörten die nächtlichen Besuche der Mädchen bei den Jungs in deren Schlafsälen. Und umgekehrt. Logischerweise nach dem Lichterlöschen. Dinge, die verboten sind, garantieren mehr Nervenkitzel. Musik hören, den Inhalt der Fresspäckli vernichten, Tschau sepp spielen und quatschen. Und denjenigen, die sich inflagranti vom Lehrer oder den zusätzlichen Lager-Begleitern erwischen liessen, drohte ein Nachtmarsch.

Schnittlauchlocken vs. lockiges Haar

Zurück zum Fresspäckli. Sei es für Schulklassen oder AdA’s. So nennen sich die Personen, die Militärdienst leisten. Angehörige der Armee. Ich verschickte vor ein paar Wochen ebenfalls ein Fresspaket. Gratis, als Feldpost. Soviel ich weiss, wog das Päckli 4,9 Kilogramm. Für meine Nichte Bekka. Nach ihrer Ausbildung als Fachfrau Betreuung für behinderte Menschen startete sie im November 2016 mit der Durchdiener-RS. Die ehemalige Gruppenleiterin der Pfadi Adler Aarau wollte natürlich mehr als nur ein Rekrut sein. So verlängerte sie ihre Militärzeit und kletterte fleissig auf der Karriere-Leiter empor. Momentan trägt sie den Grad des Wachtmeisters. Die jüngste Tochter meiner Schwester könnte, was das Aussehen betrifft, genauso gut meine Tochter sein. Komischerweise kommt es ab und zu Verwechslungen. «Grüezi, Rebekka.» Diese Worte nahmen Tante Sivi’s Ohren ebenfalls wahr. Wir beide besitzen eine ähnliche Statur. Sind gross und schlank. Die Bloggertante trägt Schnittlauchlocken. Frau Wachtmeister lockiges Haar. Die Haarfarbe ist ebenfalls ähnlich. Als Schulkind war ich rothaarig. Später erhellte sich die Haarpracht und die Haare färbten sich in ein helles Rotblond.

Waren Paketboten die Vorläufer des Pizzakuriers?

Im Klassenlager schickten Eltern ihren Schützlingen Fresspakete mit Pommes Chipes, Schokolade, Kekse und Schleckzeugs. Saure Zungen, Coci-Fröschli und Gummibärli. Natürlich gab es ebenfalls Eltern, die zugunsten der Schulklassen Schokolade- oder Zitronencakes in Paketen nach Ftan schickten. Die Kinder könnten ja verhungern. So erlebte die Schweizerische Post in den 80erJahren Glanzzeiten. Lieferte Fresspäckli in alle Regionen der Schweiz. War dies etwa die Geburtsstunde der   Pizzakuriere und Dönerbuden?

Der Inhalt des Fresspäcklis für Armeeangehörige sieht ähnlich aus. Bier, Instant Suppen, Tee, Sirup, Salamettli und so weiter finden sich in den Feldpostpäcklis. Und natürlich gehört Schokolade ebenso zwingend dazu. Frau Wachtmeister würde dem Metzger die Salamettlis schenken und stattdessen seine Schokolade wegputzen. Ich behaupte: Würde das eidgenössiche Militärdepartement eine landesweite Schokolade-Schnitzeljagd ausschreiben, meine Nichte würde gewinnen. Und als Bonus  den Ehrendoktortitel als Frau Dr. h.c. Scelerisque erhalten. (heisst auf lateinisch Schokolade) Und der Kilopreis für Kakao würde um 50% steigen.

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1 Kommentar

  • Reply Daniel Krähenbühl 8. Juni 2023 um 22:39

    Ich schätze die Bedeutung der Fresspakete und finde es interessant, wie sich diese Tradition bis heute erhalten hat. Es ist schön zu sehen, dass die Vielfalt des Inhalts – inklusive Schokolade – den Bedürfnissen und Genussmomenten der Soldaten gerecht wird.

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