Unterhaltung

Der Mensch erfand die Haustüre – wieso einer Katzentüre ohne Vorurteile begegnen?

Wenn ich könnte, würde ich meiner Mitbewohnerin am liebsten den Vogel zeigen. Also nicht den Vogel, der frühmorgens zwitschert, wenn die Sonnenstrahlen den neuen Tag beleuchten. 

Nein, das Tippen mit dem Zeigefinger auf die Schläfen. Was in Worten bedeutet: Spinnsch eigentli was ebenso heissen kann: «Hesch en Vogel»? Und vermutlich gab sie einem solchen Federvieh in ihren Gedanken ein Zuhause. Denn stellt Euch vor, meine Besitzerin willigte ein, dass sich ein Schreiner unseren Fensterflügel ausleihen durfte. «Du hast ja gesagt? Einfach so»? frage ich sie ungläubig. Meine Zweibeinerin nickt und antwortet mir, dies sei nur zu meinem Vorteil. «Mila, Du erhältst eine Katzentüre mit Katzenleiter». Pah, du kannst mich mal, schoss es mir durch den Kopf, währenddessen ich  meine Katzenpfote genüsslich leckte. Was soll ich mit einer Katzentüre anfangen, wenn der Homo sapiens die Haustüre erfunden hat?

 

An einem warmen Sommertag im August geschah es. Ein Arbeiter, also ein Schreiner latscht bei uns über die Türschwelle und schnappt sich unseren Fensterflügel. So ein frecher Kerl. Zwei Stunden später kehrt er damit zurück. Das Fenster sieht nun anders aus als vorher. Im unteren Teil des Fensters prangt so en Art Loch mit einem Deckel. Und seither führt an der Aussenseite meiner neuen Wohnadresse eine Hühnerleiter zum Fensterflügel empor. Sieht aus wie eine Rampe. Meine Chefin findet es toll. Sie nickt zufrieden, greift zur Bedienungsanleitung meines neuen VIP-Zugangs. Schnappt mich kurze Zeit später, setzt mich vor das komische Loch am Fenster. Gleichzeitig riegelt sie am Türchen herum. Drückt einen Knopf. Es macht «Klack». Ich zucke zusammen. So, jetzt hast nur Du Zugang zu unserer Wohnung. Jetzt heisst es üben, damit Du lernst, wie du die Katzentüre benutzen kannst, murmelt sie. «Hesch en Knick i de Fichte oder händs der alli Tassli im Chuchischrank klauet», hätte ich ihr am liebsten geantwortet. Mir würde eine Haustüre reichen. Und jemand, der diese nach meinem Wunsch öffnet.

 

Natürlich liessen mir ihre Worte, das mit dem Üben, meine ich –  keine Ruhe. Ich und die Katzenpforte. Staywell nennt sich das gute Stück. So beschloss ich, meinen neuen Zugang etwas genauer, also aus der Nähe zu betrachten. Ohne Geschwafel meiner Mitbewohnerin, die nach einem anstrengenden Tag am Kissen horchte. Und nun darauf hofft, meine Lernfähigkeit möge in guten Ergebnissen enden. So suchte die Nacht das Weite, währenddessen ich vor meiner neuen Pforte sass. Die Kirchturmuhr schlug sechs Uhr. während ich die Eingangstüre meiner Staywell Pforte beschnuppern wollte. Wieder dieses blöde «Klack». Sekunden später wieder «Klack». Du doofes Sch..sstörli, du, fluche ich leise und zucke zusammen. Eine Minute später stand meine Zweibeinerin auf der anderen Seite der Fensterscheibe. Nun wusste ich nicht so richtig, ob ich mich jetzt um mehr Abstand zum Fenster bemühen will wegen des Klack-Klack-Geräuschs. Oder ob ich in ein miauendes Katzengelächter verfallen soll. Denn sie, meine neue Zweibeinerin, die seit Juni für mich sorgt, steht am Fenster. Im Apricot-Pyjama mit weissen Streifen. Ein Zebra im Schlafrock, dachte ich mir. Mit zerzaustem Haar und Schlafzimmerblick. Ich lach mich weg. Grööhl!

 

Diese Episode spielte sich am ersten Tag nach der Montage meines VIP Zuganges ab. Mein Apricot- Zebra sucht seither verzweifelt in der Zeitung nach einer Weiterbildung  für Katzen mit dem Titel: Katzentüren und Katzenleitern. Erster Teil: Neuen Hindernissen mit Offenheit begegnen. Teil zwei: Vorurteile gegenüber Katzentüren abbauen. Teil drei: Ohne Umwege zum Ziel gelangen. Also nicht auf das Dach des Velounterstandes oder Richtung Haustüre ausweichen. Teil vier: Ignoranz hilft nicht weiter. Oder: Die Lust, neue Herausforderungen meistern zu wollen.

Eines weiss ich ganz sicher: Wenn ich es schaffe, sämtliche Kurstage erfolgreich zu absolvieren, wird mein Lieblingsmensch sicher ein Foto machen. Sie fotografiert ja alles, was ihr vor die Linse läuft. Und sie wird es Euch erzählen. Garantiert.

 

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