Allgemein, Unterhaltung

Die schönen Geschichten passieren ohne Voranmeldung

Nero eroberte mein Herz. Ich schenkte ihm meines auf einem Parkplatz. Für ein paar Streicheleinheiten. 

Kofferraumdeckel öffnen. Einkaufstaschen hineinwuchten. Kofferraumdeckel schliessen. Der Wochenend-Einkauf liegt an diesem Freitagabend sicher verstaut im schwarzen Chevi-Porsche. Just in diesem Moment waggelt eine junge Frau in schwarzen Hosen, Shirt und Sonnenbrille mit ihrem Hund an mir vorbei. Er, ein älteres Semester, angeleint, schlurft mit ungewöhnlichem Schritt über den Parkplatz. Leicht hinkend. Ich beobachte die Beiden. Plötzlich bleibt der Vierbeiner stehen, macht rechtsumkehrt und guckt ihn meine Richtung. Und trottet langsam auf mich zu.

Der Charmebolzen bezaubert mit seinem Weichspülerblick

Nero, ein 12-jähriger Charmeur, im wahren Leben ein Labrador-Schäferhundmischling, wollte schnell mal Hallo sagen. Seine fröhliche Besitzerin wirkt im Gegensatz zu mir etwas jünger. Sie meint lachend, Nero treffe gerne nette Menschen. Wahrscheinlich sei es die Aura des Menschen, die ihn anziehe. Ich fühle mich etwas gebauchpinselt. Dem Charmebolzen mit Weichspüler-Blick kann ja kaum einer widerstehen, antworte ich ihr. Hunde spüren, was Menschen für Signale aussenden. Merken, wenn sich diese fürchten. Oder wenn ein Zweibeiner Hunde mag. Mein Umgang mit diesen Tieren ist normalerweise eher vorsichtig. Ich streichle auch nicht jeden Vierbeiner auf «Teufel komm raus.» Bei Wesen, die es provozieren, Streicheleinheiten zu erhalten und sich dabei auf die Seite schmeissen, kann ich sehr schlecht «Nein» sagen. Bei Nero musste ich nicht überlegen. Ich sag Euch: es war wie Liebe auf den ersten Blick. Unsere Herzen eroberten sich im Sturm. Und dies zwischen parkenden Blechlawinen.

Von Mietkatzen und Bahnhofslieblingen

Katzen funktionieren ja ähnlich. Begegnet mir ein miauendes Fellknäuel, bleibe ich stehen. Kauere nieder. Warte die Reaktion der Katze ab. Lasse sie an meiner Hand schnuppern. Entweder lässt sie mich links liegen oder überhäuft mich mit ihrer Sympathie. Und dies kann sich durchaus in einer zehnminütigen Dauerphase zeigen. Härzig. So wie Sämi, meine Bahnhofsliebe, die im Dorf der sprechenden Kühe wohnt. Oder Lola, meine zinsfreie Leasingkatze.

 

Zurück zum Hund: Nero, der alte «Tscholi», legt sich mit zugekniffenen Augen in den Schatten meines Chevis. Er geniesst die Pause. Und so komme ich mit seiner Besitzerin ins Gespräch. Ihm gefallen meine Streicheleinheiten. Es gäbe Menschen, die achtlos an ihm vorbeigehen, erzählt mir sein Frauchen. Diese interessieren sich nicht für ihn. Oder schätzen seine Anwesenheit nicht sonderlich. Eigentlich fast nicht vorstellbar, denke ich so für mich, als ich Nero betrachte. Der Labrador-Schäferhundmischling gehöre zu der Hunderasse, die unter Überzüchtung leiden, berichtet mir die Besitzerin. Er sei halt nicht mehr so gut zu Fuss mit seinen 12 Jahren. Und wenn die Sonne brenne, fallen die Spaziergänge für den Hundesenior etwas kürzer aus. Da sei tagsüber nur bisle, essen, eine Abkühlung mit Wasser und schlafen ein Thema. Der Waggel fände dann frühmorgens und am Abend statt.

 

Bei Nero’s Frauchen spüre ich die grosse die Liebe zu ihrem Vierbeiner. Und für den alten Charmeur hoffe ich, er dürfe noch viele nette Menschen kennenlernen. Und einen möglichst schmerzfreien Lebensabend verbringen. Wir verabschieden uns mit den Worten «hat mich sehr gefreut». Und der Labi-Schäfermischling erhält zum Abschied von mir einen letztes Knuddler-Kraulen am Kopf.

 

 

 

 

 

 

 

 

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