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Vom Dorf der sprechenden Kühe nach Ascona – Eine Zugreise in 3555 Zeichen

«Dürfen wir dem Zug winken?» ruft ein kleiner Knirps. Seine helle Stimme durchbricht das Geschnatter der Horde Kinder mit ihren Betreuerinnen.

Sie durchqueren gemeinsam in einer Zweierkolonne den Bahnhof. Vermutlich in Richtung der Kindertagesstätte in meinem Wohnort. Gleichzeitig verkündet die Anzeigetafel die Einfahrt der Regionalbahn nach Aarau. Ich stehe mit Sack und Pack an meinem Heimbahnhof. Warte auf die Einfahrt des Zuges. Die Kinderbetreuerin versichert dem Junior-Abc-Schützen: «Ja, wir schauen woher der Zug kommt und winken, wenn er an uns vorbeifährt, gäll.» Ich steige in den Zug. Sehe nach dessen Abfahrt die fröhliche Kinderschar wartend vor dem Bahnübergang. Sie lachen. Winken fröhlich. Die Kleinen zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht. Und irgendwie glaube ich, das Kinderrudel beobachtete genau, wer im Zug die Hand hebt und winkt. Logisch, will ich die Kids nicht enttäuschen. Ich winke, als gäbe es kein Morgen mehr.

Die Regionalbahn erreicht Unterentfelden. Mein Blick registriert das Fehlen der Zeiger am BigBen der Kirchgemeinde. Das Dorf im unteren Entenfeld lebt im Hier und Jetzt. Entschleunigt sich, ohne es zu wissen.

Im RegioExpress Richtung Zürich fällt meiner Sitznachbarin im Abteil vis à vis ein Pack M-büdsche Kaugummis aus der Tasche. Diese verteilen sich im Nu wie Murmeln auf der Märmelibahn. Sorgen für eine dekorative Unordnung. Etwas genervt und leicht unter Stress stehend, klaubt die Frau mühevoll die Kaugummis vom Boden. Ich möchte ihr helfen, just in diesem Moment strömen einige Passagiere zum Ausgang, weil sie in Lenzburg aussteigen. So kann ich erst eingreifen, wo die Frau fast alle Gummis zum Kauen in ihre Tasche gesteckt hat. Der Rundordner freut sich auf den Kau-Spass.

In Zürich liefert die Anzeigetafel für Abfahrten im Fernverkehr einige Vorschläge, für mögliche Reiseziele. Paris. Wien. Hamburg. Ich stelle mit Schrecken fest, wieviel in meinem Leben in Sachen Ferien eine Vorausplanung erfährt. Ich setze ein neues Vorhaben auf meine Löffel-Liste: Spontan mit gepacktem Koffer an den Bahnhof fahren. Zugticket für die Wunschdestination kaufen. Einsteigen. Losfahren. Level zwei dieser Spontan-Ferien-Aktion befindet sich in Zürich-Kloten. Am Flughafen. Für Destinationen, dies sich einfacher mit dem Flugzeug erreichen lassen.

 

Spontan in die Ferien verreisen?

Der Zug in die Tessiner Sonnenstube fährt praktisch leer ab Zürich Richtung Süden. Ein älteres Ehepaar im Abteil neben mir packt seine Taschen aus. Es kommen Sandwiches zum Vorschein. Erdbeeren. Die Sandwich-Analyse ergibt Folgendes: Die Schnittlauchbutter im Sandwich sorgt für kulinarische Höhepunkte. Und die Vorzüge von Salatgurken sind nicht von der Hand zu weisen. Das gibt 10 Gault Millaut Punkte. Ihm fehlen aber nach dem «Tour-dure-Chuelschrank-Menü» die Zahnstocher, um seine Zahnzwischenräume zu reinigen. Sie liegen im Necessaire seines Koffers. Zwei weitere Zahnchnebeli stecken in der Brusttasche seines Hemdes, das zu Hause über dem Stuhl hängt, berichtet er seiner Frau. Seine Gattin wehrt ab mit den Worten: «Schatz, das Hemd hängt bereits wieder gewaschen in Deinem Schrank. Fazit: Die Zahnstocher blieben nicht unentdeckt.

Der Zug donnert durch den Gotthard Basistunnel. Das 57 kilometerlange Bauwerke bietet den Reisenden eine Pause. Die Brünzlitanks füllen sich. Der Zug hechtet aus dem Dunkel ans Tageslicht. Die Sonne scheint aennet dem Gotthard. Mein Feriengefühl jubelt. Ich freue mich auf Sonne, Süden, Pasta und dolce far niente am Langensee.  A pìu tardi, amici.

 

Der See. Pasta. Chillen in der Outdoor Bar Lounge an der Qual-Mauer. Ascona – my love

 

 

 

 

 

 

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